denkmal aktiv - Kulturerbe macht Schule

Leben mit dem „Bauhaus“ – Denkmalerkundungen und forschendes Lernen

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bietet mit denkmal aktiv Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich mit Denkmalen als Geschichtsorten intensiv zu beschäftigen und dabei ihren kulturellen Wert für Vergangenheit und Gegenwart zu begreifen.

Im Schuljahr 2019/20 nimmt die GvB erstmals am Programm teil.

Im Bauhaus-Jahr werden die Schülerinnen und Schüler der 9b sich im Geschichts- und Kunstunterricht mit historischen und künstlerischen Aspekten des Bauhauses beschäftigen, eine Exkursion nach Dessau unternehmen und Bauhaus-Projekten in Berlin nachspüren. Im Mittelpunkt steht dabei die Weiße Stadt in Reinickendorf.

Es folgen Berichte über die Projektetappen (siehe unten):

  • Erfahrungsaustausch beim denkmal aktiv-Jahrestreffen in Bielefeld (April 2020) –
  • Die Weiße Stadt – Erkundung in Reinickendorf (Februar 2020)
  • „original bauhaus“ – Jubiläumsaustellung in der Berlinischen Galerie (Dezember 2019) – Bericht demnächst
  • Neues Bauen – eine Exkursion nach Dessau (November 2019)
  • Wohnen in der Mietskaserne – Besuch der Museumswohnung in der Dunckerstraße, Prenzlauer Berg (August 2019)
  • Auftakt zum denkmal aktiv-Jahr 2019/20 in Essen (September 2019)

(BK)

Februar 2020

Bauhaus in Reinickendorf – die Weiße Stadt

Am 10.02.2020 unternahmen wir eine Exkursion in die Weiße Stadt. Die Weiße Stadt liegt in Berlin-Reinickendorf. Vom Vorbeifahren kennen bestimmt viele Leute die Weiße Stadt und sie kennen vielleicht sogar den Namen, aber über die Geschichte wissen die meisten Leute wahrscheinlich nicht so viel. An unserem Exkursionstag leuchtete die Siedlung weiß gegen einen strahlendblauen Himmel – sie sieht wahrscheinlich selten schöner aus.

Die Weiße Stadt ist eine der sechs Siedlungen der Berliner Moderne. Sie wurde 1928 als Reaktion auf den Wohnungsmangel von drei Architekten – Otto Rudolf Salvisberg, Wilhelm Büning und Bruno Ahrends – entworfen und erbaut und ist seit 2008 UNESCO-Weltkulturerbe.

In den Häusern, die Zeilenbauten und nicht wie damals üblich Blockbauten sind, gibt es 1255 Wohnungen in 78 verschiedenen Typen, die von Ein- bis Dreieinhalb-Zimmer-Wohnungen reichen. Der Großteil der Wohnungen hat 2 Zimmer.

Den Architekten war es wichtig, die Wohnungen hell, luftig und sauber zu gestalten. Deswegen sind die Häuser von Norden nach Süden durchgesteckt, d.h. sie haben Räume, die nach Osten und Westen ausgerichtet sind, wodurch die Sonne von morgens bis abends in die Wohnungen scheint. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass durch die gestreckte Bauweise jederzeit gelüftet werden kann. Dadurch war die Luft immer gut und es musste nicht zu viel Geld für Licht- und Stromkosten ausgegeben werden. Die Häuser waren von Beginn alle weiß und schlicht gehalten, um das moderne Bauen widerzuspiegeln.  Die einzigen besonders hervortretenden Akzente sind die bunten Fensterrahmen, Türrahmen und die Dachüberstände. An den Farben der Dachüberstände kann man erkennen, welcher der drei Architekten das Haus designed hat.

Zu jedem Häuserblock gehört außerdem ein Innenhof, der durch die U-förmige Anordnung der Wohnbauten gebildet wird. In diesen U-förmigen Innenhöfen sind Kinderspielplätze. Die U-förmige Anordnung ermöglichten den Eltern auch schon in den 1930er Jahren, ihre Kinder gut beaufsichtigen zu können. Auch Gemeinschaftseinrichtungen für die Bewohner der Siedlung erleichterten den Alltag; dazu gehörten insgesamt fünf Waschhäuser und zwei Kindergärten.

Besonders der architektonische Aufbau ist interessant, da alle Fenster die gleichen Maße von 78 cm mal 1.40 cm haben, denn diese Maße ergeben sich aus den Maßen der Ziegel. Anhand der Fenster erkennt man, welcher Raum sich dahinter befindet. Zum Beispiel steht ein Fenster für die Toilette, zwei Fenster für die Küche und drei Fenster für einen Wohnraum, was die Transparenz des Neuen Bauens unterstreicht.  Die Treppenhäuser haben besondere Maße, genauso wie die Eingangstüren, denn die kleinere Kellertür und die Eingangstür befinden sich nebeneinander und sind beide direkt von der Straße zugänglich, wodurch im Inneren Platz gespart wird.

Den Eingang zur Siedlung markieren Brückenbauten. An diesen Brückenbauten befinden sich Cafés und Läden von denen es insgesamt 22 gibt. In der Siedlung gibt es auch ein Heizkraftwerk auf einer Seite des Brückenbaus, welches aber nicht mehr in Betrieb ist.

In der Nähe findet man Häuser, die von zwei Seiten betrachtet ganz unterschiedliche Wohnsituationen erwarten lassen: einerseits Einfamilien-Reihenhaus (links), andererseits normale Geschosswohnungen auf drei Etagen (rechts).

 

Tatsächlich sind die Wohneinheiten ineinander verschachtelt. So gehört z.B. das Fenster neben der Eingangstür im rechten Bild zum “Einfamilien-Reihenhaus”. Die Treppe hinter der Eingangstür führt dagegen direkt in den ersten Stock zur Wohnung.

Man sieht, dass die Siedlung von den drei Architekten sehr umfangreich und sorgfältig geplant worden ist. Ein Ausflug  in die Weiße Stadt lohnt sich, um sein architektonisches Wissen zu erweitern. Wie schon in Dessau, war uns unser Architekt Heiko Gerdes wieder ein sachkundiger Begleiter, der uns sehr kurzweilig mit der Weißen Stadt vertraut gemacht hat.

Nun sind wir gespannt auf das Thema Denkmalschutz in der Weißen Stadt und freuen uns dazu auf den Besuch einer Architektin der Eigentümergesellschaft Deutsche Wohnen.

Helene und Rebecca (9b)

November 2019

Neues Bauen in Dessau – Teil 2

Die Meisterhäuser

Walter Gropius war ein Architekt, der eine ganz neue Vorstellung des Bauens hatte. In Dessau wurde ihm ein Grundstück zur Verfügung gestellt, auf dem er das Bauhaus errichten ließ und etwas weiter abgelegen die Meisterhäuser. Diese befinden sich in der Ebertallee 65-71. Die Meisterhäuser waren als Wohnorte für die „Meister“, d.h. die Lehrer, am Bauhaus gedacht.

Die Meisterhäuser bestanden aus dem großen Direktorenhaus, das von Walter Gropius bewohnt wurde, und drei Doppelhäusern. Der Grundriss einer Hälfte eines Doppelhauses wurde gespiegelt und um 90 Grad gedreht. Durch diese Drehung war die Privatsphäre der benachbart lebenden Meister gewährleistet. Denn eines hatten alle Häuser gemeinsam: Sie waren so gebaut, dass die Räume durch riesige Fenster großflächig erhellt wurden. Der Baustil war neu, modern und hell mit klaren schlichten Strukturen, für damalige Zeiten sehr gewöhnungsbedürftig.

(https://www.bauhaus-bookshelf.org/bauhaus_zeitschrift_1_1926.html, 23.2.2020)

Walter Gropius wohnte in dem großen Einzelhaus. Dessen Besonderheit war der Balkon. Gropius hätte gern einen säulenlosen
Balkon gehabt, doch dies war zu den damaligen Zeiten noch nicht realisierbar. Deshalb behalf er sich mit zwei Glasscheiben jeweils auf den kurzen Seiten, in denen sich der Wald spiegelte. Damit lenkte er von den unumgänglichen Säulen ab.

Die Doppelhäuser teilten sich

  • der Maler und Grafiker Georg Muche und der Maler und Bildhauer Oskar Schlemmer,
  • der Maler, Fotograf und Bühnenbildner László Moholy-Nagy und der Maler und Grafiker Lyonel Feininger,
  • die beiden Maler Wassily Kandinsky und Paul Klee.

Über Kandinsky und Klee erfuhren wir, dass sie einen sehr unterschiedlichen Geschmack hatten. Kandinskys Einrichtung war düster und altmodisch im russischen Stil mit viel Holz gestaltet. Das passte nicht zum modernen Bauhaus-Stil mit seinen geraden Linien und klaren Formen. Deshalb war Kandinsky mit seiner Familie in das hinterste Haus in der Reihe der Doppelhäuser verbannt.

Kandinskys Nachbar Paul Klee bevorzugte einen auffälligen, bunten Stil. Klees siebzehnjähriger Sohn gestaltete die Wände seines Zimmers allerdings in sehr dunklem Blau. Da die originale Farbgebung erhalten ist, kann man sehr gut sehen, wie dunkel und klein das Zimmer wirkt.

Die Meisterhäuser hatten Ateliers, so dass die Künstler zu Hause arbeiten konnten. Paul Klee malte  in seinem Atelier über 2000 Bilder.

In der Idealvorstellung von Gropius sollten die Häuser und deren Einrichtung eher sehr modern und schlicht aussehen, nicht aber altmodisch und düster oder auffällig bunt. Deshalb waren Kandinsky und Klee keine passenden Aushängeschilder für die Bauhaus-Idee und wohnten „versteckt“.

Beverly und Louisa (9b)

  • November 2019

Neues Bauen in Dessau – Teil 1

Auf den Spuren von Walter Gropius’ Bauen in der Siedlung Dessau-Törten

Am 7.11.2019 waren wir Rahmen des Projektes “denkmal aktiv” in Dessau und besichtigten die Bauhaus-Siedlung Törten. Diese wurde zwischen 1926 und 1928 von Walter Gropius, dieser Zeit Direktor des Bauhauses, entworfen und erbaut. Der Architekt Walter Gropius lebte vom 18. Mai 1883 bis zum 5. Juli 1969; ihm war besonders die moderne und effiziente Bauweise und Nutzung der Häuser wichtig.

Die Wohnsiedlung Törten besteht aus insgesamt 314 Häusern, die in drei Ringen um das sogenannte Konsumgebäude errichtet wurden. Gropius entwarf insgesamt 4 Bautypen für die Siedlung Törten, wobei Typ 3 nie gebaut wurde.  Die Häuser wurden als Einfamilienhäuser für Familien mit 4-6 Kindern entworfen und sollten deshalb nicht mehr als ca. 14.000 Reichsmark kosten, da ein normaler Fabrikarbeiter ca. 120 Reichsmark im Monat verdiente.

Die Häuser hatten eine kleine Wohnfläche mit 57-75 Quadratmeter, dafür aber einen Garten mit 350-400 Quadratmetern, der vor allem für den Anbau von Gemüse und die Haltung von Hühnern genutzt wurde.

Obwohl die Siedlung heutzutage besonderen kulturellen und architekturhistorischen Wert hat, gehört sie nicht zum Weltkulturerbe – sie steht noch nicht einmal unter Denkmalschutz. Das liegt daran, dass schon sehr früh, nachdem die Häuser bezogen worden waren, erste Veränderungen von den Bewohnern vorgenommen wurden. Manche Bewohner waren z.B. unzufrieden mit den Fenstern im Haus Typ 1, weil sie zwar breit, aber sehr hoch angelegt sind und man sich deshalb recken muss, um hinausschauen zu können. Auch Haustüren wurden im Laufe der Zeit verändert und andere Details, wie die Hausnummern, sind nicht mehr überall im originalen Zustand. So wird ein Spaziergang durch die Siedlung zu einem Detektivspiel – mit scharfem Blick für die Details fanden wir heraus, was ist hier echt und was nicht.

Es gibt ein Haus in der Siedlung, das den originalen Zustand nach den Plänen von Gropius zeigt und dessen Inneres man besichtigen kann. Es überrascht das helle Licht im Schlafzimmer mit den hochgelegenen Fenster. Man kann sich vorstellen, wie die Bewohner durch den Hühnerstall zum Plumpsklo gehen mussten, aber man kann auch den klassischen Terrazzo-Boden in der Küche bewundern.

Heutzutage gelten die Häuser wieder als sehr modern und sind beliebt bei der Bevölkerung. Teilweise sind Bewohner auch bestrebt, ihr Haus wieder in den originalen Zustand zu versetzen.

 

Der Bauhäusler Hannes Meyer

Eine weitere Station unserer Erkundung waren die Laubenganghäuser des Architekten Hannes Meyer in einem Komplex mit 90 Wohnungen, die 1930 fertiggestellt wurden. Laubengang heißt, dass von einem gemeinsamen außen liegenden Gang die Türen zu mehreren Wohnungen abgehen. Schon auf den ersten Blick unterscheidet sich das Laubenganghaus in Dessau von der Siedlung Törten durch die Farbgebung: Hier ist nicht Weiß die dominierende Farbe, sondern der rote Backstein.

Diese sogenannten “Volkswohnungen” waren für Arbeiter und kleine Angestellte gedacht, die für Luxus kein Geld hatten. Für 37 Reichsmark im Monat wurden 48 Quadratmeter – drei Zimmer mit Küche und Bad – an bis zu sechsköpfige Familien vermietet; dazu gab es eine Fahrradgarage, und für 2 RM mehr hatte die Familie auch noch einen Garten zur Verfügung.

Laubenganghaus – Fahrradgaragen unterhalb des Erdgeschossgangs; teilverglastes Treppenhaus

Rebecca und Helene (9b)

August 2019

Wie wohnten Arbeiterfamilien um 1900?

Dass Arbeiterfamilien nicht gerade luxuriös wohnten, viele Menschen sich mit wenig Raum begnügen mussten, die Wohnungen durch enge Hinterhöfe oft dunkel waren und Haushaltsarbeit schwere Arbeit war, haben die Schülerinnen und Schüler schon im Geschichtsunterricht der 8. Klasse erfahren. Wie im 19. Jh. allmählich die Mietskaserne das Bild der Großstadt prägte, wurde auch im Kunstunterricht beleuchtet. Was Arbeiterwohnen um 1900 aber in der Praxis bedeutete, kann man anschaulicher am realen Objekt erfahren.

Bevor wir uns der durch das Bauhaus verkörperten Moderne des frühen 20. Jh. widmen, besichtigen wir deshalb eine Arbeiterwohnung. Im Vergleich wird die Besonderheit des Bauhaus-Bauens uns später umso mehr überraschen.

An einem sonnigen Augustfreitag verlegen wir also den Unterricht in die Dunckerstraße 77 in Prenzlauer Berg. Dort befindet sich im 1. Stock eine Museumswohnung, die erwartungsgemäß klein ist, zu klein, als dass eine ganze Klasse sie gleichzeitig besichtigen könnte. Wir teilen uns also in zwei Gruppen. Während eine Gruppe sich zunächst das Wohnumfeld genauer anschaut, wird die andere Gruppe schon durch die Wohnung geführt und hört Geschichten über die Bewohner.

Dunckerstraße, Helmholtzplatz, Raumerstraße … viele Altbauten der Gründerzeit, viel Grün, Spielplatz und Cafés, wo wir später auch ein Eis bekommen. Diese Umgebung entspricht gewiss nicht dem Bild einer Kaserne, wie wir es heute assoziieren. Beim konzentrierten Zeichnen der Fassaden mit Stuckelementen und Balkonen wird schnell klar, wie schön tatsächlich die Architektur dieser alten Mietshäuser ist. Und die Details sind gar nicht so einfach nachzuzeichnen; da ähnelt eines der vielen Stuckelemente auf dem Papier auf einmal einer Klorolle.

In der Museumswohnung erfahren wir schließlich auch etwas über die Bauweise dieser alten Mietshäuser. Zum Beispiel sieht man ihnen nicht an, wieviel Holz darin verbaut wurde. Aber Querschnitte durch Wand und Boden zeigen es. „Unsere“ Wohnung ist mit eineinhalb Zimmern, Küche und Flur ungewöhnlich groß – und wie wir erfahren, nicht repräsentativ für eine Arbeiterfamilie. Hier wohnte vielmehr Zimmermeister Brunzel, der das Haus erbaut hatte. Sein Büro, nun als Schlafzimmer hergerichtet, sollte eigentlich eine Ein-Zimmer-Wohnung werden. Auf etwa 10 Quadratmetern eine ganze Wohnung? Nur mit diesem zusätzlichen Zimmer konnte sich eine Familie auch die „Gute Stube“ mit Sofa und Kachelofen leisten. Das Leben spielte sich bei einer Arbeiterfamilie um 1900 überwiegend in der Küche ab. In der Küche erfahren wir von der Schwerstarbeit, die die Frauen bei der großen Wäsche auf dem Dachboden leisten mussten. Wir sehen, wie eine sogenannte Kochmaschine benutzt wurde. Damit ist der Herd gemeint, das wichtigste Element in der Küche, mit dem geheizt, auf dem gekocht und in dem gebacken wurde. Und war die Wäsche getrocknet, wurde auf dem Herd auch das Bügeleisen angeheizt – ein Eisen im wahrsten Sinne des Wortes, das etwa 5 kg wog.

Die Küche war eine ganz besondere Fundgrube für die Schülerinnen und Schüler. Denn in der Museumswohnung galt es, ein Element zu zeichnen, das für das Wohnen um 1900 typisch gewesen sein könnte. Andere dokumentierten die Wohnung fotografisch oder werteten die Informationstafeln aus.

Dieser Museumsbesuch verschaffte uns reichlich Material über die Berliner Mietskaserne, das wir uns noch einmal vor Augen halten sollten, bevor wir im Herbst das Bauhaus in Dessau besuchen.

(BK)