Tour d'Europe 2017
Europa in Berlin
Mai 2017 – Europa steht oben auf der Agenda der Schulen! Am 9. Mai 1950 legte der französische Außenminister Robert Schuman mit seiner Regierungserklärung zur Bildung der Montanunion den Grundstein für die heutige Europäische Union. Weniger bekannt ist, dass am 5. Mai 1949 der Europarat als internationale Organisation mit heute 47 Mitgliedstaaten gegründet wurde. Damit ist der Mai traditionell der Europamonat nicht nur an Berliner Schulen.
Am Bülow-Gymnasium stand vor allem für die 10b Europa im Zentrum, denn wir haben nicht nur erneut die Schwarzkopf-Stiftung mit dem Workshop Europa verstehen eingeladen. Wir hatten sogar das Glück, für die diesjährige Tour d’Europe ausgelost worden zu sein. Am 10. Mai begann für die 10b der Unterricht deshalb nicht um 8 Uhr in der Schule, sondern wir trafen uns in der Begleitung von Frau Dr. Kassel und Frau Krienke zu früher Stunde am Europäischen Haus Unter den Linden, dem Sitz der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland.
Dina Behnke, Stellvertretende Leiterin der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit und mehr, begrüßte uns und stellte zunächst kurz die Scharnierfunktion der Vertretung der Kommission zwischen Brüssel und Berlin dar. Was in Brüssel entschieden wird, muss in die Mitgliedstaaten zurückvermittelt werden und was in den Mitgliedstaaten europapolitisch diskutiert wird, muss ebenso in Brüssel vermittelt werden.
Außer der Bülow-Gruppe nahm noch eine Schülergruppe des Oberstufenzentrums Marcel Breuer an der Tour d’Europe teil. Da Kooperation auf dem Programm stand, galt es natürlich, sich zuerst einmal ein wenig kennenzulernen. Schülerinnen und Schüler stellten jeweils ihre Schule in Kurzpräsentationen vor. Was uns verbindet: Europa-Aktivitäten im schulischen Alltag!
Für die erste Runde des Europa-Programms teilten wir uns in zwei gemischte Gruppen. Während die einen ihre Europakenntnisse im Wettbewerb unter Beweis stellen konnten, simulierten die anderen eine Parlamentssitzung. Der Quizmaster vom Verein Bürger Europas e.V. stellte Fragen, die den einen oder die andere ins Grübeln brachten, z.B.:
- Wie viele EU-Mitgliedstaaten haben weniger Einwohner als Berlin?
3 – 5 – 7? - Wie hoch ist die Spanne des Mindestlohns innerhalb der EU?
1,42 bis 11,27€ – 4,65 bis 9,52€ – 4,25 bis 9,52€ - Welche europäische Institution könnte nach Berlin kommen, wenn der Brexit vollzogen ist?
EMA (Europäische Arneimittelagentur) – EBA (Europäische Bankenaufsicht) – ENISA (Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit)
(Die Antworten verbergen sich hinter den Links unten.)
Derweilen fiel es den Fraktionen im simulierten Europäischen Parlament nicht leicht, ihre Positionen zur Einführung eines Warnhinweises auf alkoholischen Getränken analog zur Kennzeichnungspflicht bei Zigaretten zu entwickeln. Nachdem die Vorlagen abgeschlossen waren, führte eine versierte Parlamentspräsidentin launig durch die Sitzung im vollen Haus. Am Ende der Debatte verfehlte die Gesetzesvorlage zur Einführung einer Kennzeichnungspflicht eindeutig die parlamentarische Mehrheit.
Es blieb noch Zeit, sich einen Überblick über die Ausstellung zur Geschichte der Europäischen Union zu verschaffen, bevor es zur zweiten Station der Tour ins Abgeordnetenhaus im ehemaligen Preußischen Landtag ging. Im Gespräch mit dem Staatssekretär für Europa in der Berliner Senatsverwaltung, Gerry Woop, lernten wir den vollgestopften Terminkalender des Staatssekretärs kennen. Am Beispiel Berlin wurde uns so vor Augen geführt, dass die Mitgliedstaaten über die verschiedenen Institutionen der EU, z.B. den Ausschuss der Regionen, immer in Brüssel präsent sind. Wer kann sich da noch auf der Ebene nationaler Politik mit reinem Gewissen hinter „Brüssel“ verstecken, das uns reguliere und drangsaliere? Schließlich hatten die Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit, mit dem Staatssekretär über Europapolitik zu diskutieren. Im Mittelpunkt standen die aktuellen Entwicklungen in Europa – der Einfluss populistischer Bewegungen, nationalistische Tendenzen in einzelnen Mitgliedstaaten und die Probleme einer europäischen Flüchtlings- und Migrationspolitik. Herr Woop beantwortete die Fragen umfassend, kenntnisreich und entwickelte dabei ein auch für Nichtexperten verständliches Gesamtbild.
Nach einem leckeren Mittagessen in der Kantine des Abgeordnetenhauses hätte ein Spaziergang gut getan, aber der enge Zeitplan erforderte den bereitgestellten Bus, der uns zur dritten Station, dem Roten Rathaus, brachte. Die Führung am Sitz der Berliner Landesregierung musste wegen anderer Veranstaltungen im Hause leider ausfallen. Gerne hätten wir den berühmten Wappensaal besichtigt, dem historischen Sitzungssaal der Berliner Stadtverordnetenversammlung. Er ist berühmt wegen seiner Fenster, in denen die Wappen aller Berliner Bezirke dargestellt sind, wie sie 1920 mit der Stadtgemeinde Groß-Berlin entstanden sind. Für manch eine/n ein Trostpflästerchen: Wir konnten uns den DFB-Pokal anschauen, der bis zum Finalspiel Ende Mai in einer Vitrine im Roten Rathaus ausgestellt ist und gut bewacht wird.
In schlichteren Räumlichkeiten trafen sich alle zum letzten Programmpunkt, dem Info-Speed-Dating. In drei Runden informierten Experten von Europaberatungen und Freiwilligendiensten über Möglichkeiten zum Auslandsaufenthalt im Rahmen von Ausbildung und Studium. Sie hielten jede Menge Anregungen für die Zeit nach dem Schulabschluss bereit, die bei den begleitenden Bülow- und Breuer-Lehrerinnen durchaus Neid hervorriefen – wie schön wäre es, noch einmal zur Schule zu gehen, allein um all diese Möglichkeiten nutzen zu können?!
So stand am Ende der Reise durch Europa in Berlin nicht nur ein besseres Verständnis für europapolitische Zusammenhänge zwischen Region und Brüsseler Zentrale, sondern auch ein Sack voller Ideen für die individuelle Zukunft. (BK)