Die Berliner Mauer

Alltag und Flucht im geteilten Deutschland

Wieder waren die beiden Geschichtskurse von Frau Bayer und Frau Dr. Kassel unterwegs. Am 23. Januar ging es zum Mauermuseum in der Bernauer Straße. Trotz des kalten und ungemütlichen Wetters fand unser erster Rundgang draußen statt. Begonnen hat der Rundgang bei den Metallstäben, die als Denkmal der Mauer dienen.

Durch die Teilung Berlins und Deutschlands in die vier Sektoren und den sich zuspitzenden Konflikt zwischen den West-Alliierten und der Sowjetunion entstanden immer größere Unterschiede zwischen den beiden Teilen Deutschlands. Dabei wirkte der demokratische und kapitalistische Westen auf viele Menschen attraktiver als der kommunistische Osten. Viele Menschen flohen aus Ost-Berlin nach West-Berlin. Die meisten von ihnen taten das allerdings schon vor dem Mauerbau. Es dauerte eine Weile, bis die Mauer so unüberwindbar wurde.

Zuerst gab es nur einen Stacheldrahtzaun, doch die Grenze wurde Stück für Stück komplexer. Zum Schluss gab es eine ganze Reihe von Barrieren, die man überwinden musste, um in den Westen zu gelangen. Dazu gehörte die kleinere sogenannte Hinterlandmauer, gefolgt von einem elektrischem Stacheldrahtzaun, der bei einer Berührung Signale an die Wachtürme sendete. Dahinter kam ein Stück Straße, auf der Soldaten patrouillierten. Der sogenannte Todesstreifen bestand aus einem Sandstreifen, um das Laufen zu erschweren, und wurde von Laternen beleuchtet, damit die Soldaten auch bei Nacht Flüchtlinge erkennen konnten. Zum Schluss kam das größte Hindernis, die eigentliche Mauer, die wir uns noch heute in der Bernauer Straße ansehen können.

Bei der Konstruktion dieser Mauer gab es eine ganze Testreihe, um die perfekte Höhe zu ermitteln. Erst als ausgewählte Testpersonen, zwei Spitzensportler, die Mauer gemeinsam nicht überwinden konnten, wurde festgestellt, dass eine passende Konstruktion gefunden worden war: vier Meter hoch mit einer Rundung obenauf, die keinerlei Halt bietet.

Auch an die Häuser und die Versöhnungskirche, die mitten in diesem Grenzgebiet standen, wird in der Bernauer Straße erinnert. Die Grundrisse der Häuser sind mit Metallschienen im Boden gekennzeichnet. Da es viele Häuser gab, die im Osten standen, man beim Verlassen dieser Häuser jedoch in den Westen trat, wurden sie abgerissen und lediglich als eine Mauer, ein weiteres Hindernis stehen gelassen. Die Versöhnungskirche blieb lange Zeit stehen und wurde erst 1985,also nur vier Jahre vor dem Mauerfall, auf Veranlassung der DDR-Regierung gesprengt. Das Kreuz, die Glocken und der Altar der Kirche wurden gerettet. Sie finden sich heute in bzw. an der Versöhnungskapelle, die an der Stelle der alten Kirche als Denkmal im Jahr 2000 eingeweiht wurde.

Das wichtigste Denkmal in der Bernauer Straße ist jedoch die Gedenktafel. Die geschlossenen Grenzen und die Mauer brachten viele Opfer, die nicht vergessen werden sollten. Unter den Opfern gab es vor allem viele junge Männer, die geflohen waren, um der Wehrpflicht zu entkommen, die auch Patrouillendienst an der Grenze bedeuten konnte. Es gab aber auch Kinder, die wegen der Mauer ums Leben gekommen sind. Einige starben bei der Flucht mit ihrer Familie, andere beim Spielen an der Spree in Kreuzberg. Das jüngste Oper war gerade einmal 15 Monate alt.

Einer der wahrscheinlich bekanntesten Fluchtwege sind Tunnel. An der Bernauer Straße gibt es besonders viele Fluchttunnel, die heute durch Steinplatten markiert sind. Der Grund für die Häufung der Tunnel in dieser Gegend liegt in der Bodenqualität begründet. Berlin hat zum größten Teil sandigen Boden, der zum Tunnelbauen ungeeignet ist. An der Bernauer Straße ist der Boden jedoch lehmig und somit perfekt für einen Tunnelbau geeignet.

Flüchtlinge waren allerdings nicht die Einzigen die Tunnel gebaut haben. Die Stasi hat ebenfalls solche gebaut. Ja, die Stasi. Allerdings hatte sie damit andere Absichten. Sie grub keine Tunnel direkt in den Westen, sondern sie errichtete die Tunnel möglichst diagonal zur Mauer, um Flüchtlingen damit den Weg zu verbauen und ihnen die Möglichkeit zu nehmen, durch einen Tunnel zu fliehen.

Bei unserem Gespräch mit dem Zeitzeugen Joachim Rudolph, haben wir noch mehr über Tunnel und Flucht nach West-Berlin erfahren. Zig Personen waren am Bau eines Tunnels beteiligt, was natürlich die Gefahr erhöhte, dass ein Tunnelbau aufflog. Manchmal stimmten die Berechnungen für den Tunnelbau nicht, so dass der Tunnelausgang nicht im geplanten Haus auf Ost-Berliner Seite endete. Auch wurden manchmal Kuriere, die die Information zur Flucht an die fluchtbereiten Ost-Berliner weiterleiteten, von der Stasi aufgegriffen.

Der zweite Teil unserer Exkursion führte uns nach Marienfelde in das ehemalige Notaufnahmelager. Dort haben wir gelernt, dass Flüchtlinge aus Ost-Berlin erst verschiedene Stationen durchlaufen mussten, bevor sie als Flüchtlinge anerkannt wurden. Dabei sollte z.B. geklärt werden, ob es sich um politische oder um wirtschaftliche Flüchtlinge halten. Die Flüchtlinge wurden auch vom französischen, britischen und amerikanischen Geheimdienst befragt, die sich Informationen über das DDR-Regime erhofften und prüften, ob sich unter den Flüchtlingen eventuell auch Agenten befanden.

In Marienfelde befanden sich also nicht nur die Ost-Berliner, die aus unterschiedlichsten Gründen die DDR verlassen hatten oder verlassen mussten, sondern auch die Geheimdienste der Alliierten. Deshalb stand Marienfelde unter besonderer Beobachtung der Stasi. Zum Schutz gegen die Stasi bekamen die Flüchtlinge Nummern und wurden nicht bei ihrem richtigen Namen genannt.

Was in der Vergangenheit passiert ist, kann man nicht mehr ändern, aber man kann daraus lernen. Wir sollten nicht vergessen, dass geschlossene Grenzen immer Opfer mit sich bringen. Es ist unsere Verantwortung, dafür zu sorgen, dass sich diese Geschichten nicht wiederholen. Wenn Menschen ihre Heimat zurücklassen und ihr eigenes Leben riskieren, dann müssen sie einen ziemlich guten Grund dafür haben. Das gilt auch für die Menschen aus ganz anderen Teilen der Welt, die nach dem Fall der Mauer 1989 im Notaufnahmelager Marienfelde erste Aufnahme fanden – Menschen, die vor dem Krieg in Jugoslawien flohen oder Menschen, die in den letzten Jahren z.B. aus Afghanistan oder Syrien nach Deutschland kamen.
Egal, ob jemand vor Krieg oder Armut flieht, er tut dies schweren Herzens. Wir sollten unser Glück und den Frieden mit den Menschen teilen und ihnen helfen.

Sarah Kieler und Leonie Kochs, 4. Semester

 

Hans Ticha, Die Mauer, DDR 1980, ausgestellt in der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde